Ein halbes Jahrhundert: Einsatz für die deutschen Sprachinseln in Italien
von Heike Arnold
Beitrag von Luis Thomas Prader, Sonderbeauftragter des Einheitskomitees historischer deutscher Sprachinseln in Italien
Beitrag aus CIMBERNLAND 2020-2023
Ich war noch ein junger Dorfschullehrer, als mir eine Publikation des Südtiroler Journalisten Bernhard Wurzer in die Hände kam. Es war ein Bericht über Die deutschen Sprachinseln in Italien.
Wurzer hatte im Vorwort den Satz geschrieben: Das Schicksal dieser Gebiete verdient die besondere Aufmerksamkeit der Südtiroler. Dieser Satz ließ mich nicht mehr los: immer wieder gab es Anlass, mich mit der Thematik zu befassen, sei es aus eigenem Antrieb, sei es aus anderen Beweggründen.
Da ist einmal eine neue Entwicklung auf europäischer Ebene zu erwähnen: im Zuge der europäischen Einigung ist man sich der europäischen Sprachenvielfalt bewusst geworden. Und zu dieser Sprachenvielfalt gehören nun einmal auch die weniger verbreiteten Sprachen – und weniger verbreitet sind natürlich die Minderheitensprachen, unabhängig von der Anzahl der jeweiligen Sprecher; da sind wir natürlich auch bei den vielen Minderheitensprecher in Italien, folgerichtig auch bei den deutschen Sprachinseln in Italien und damit auch bei den Zimbern.
Die zahlreichen europäischen Minderheiten haben sich 1982 zu einer Interessens- und Arbeitsgemeinschaft zusammengetan und haben in Irland das Europäische Büro für Weniger verbreitete Sprachen, das EBLUL (European Bureau for Lesser Used Languages) gegründet. In den einzelnen Mitgliedsstaaten sind dann Staatenbüros auf die Beine gestellt worden, für Italien das sogenannte CONFEMILI (Comitato nazionale federativo minoranze linguistiche). In diesem Komitee war ich von Anfang an dabei und habe zahlreiche Freunde von den Sprachinseln und anderen italienischen Minderheiten kennengelernt, darunter auch den kürzlich leider verstorbenen Sergio Bonato. Als vor gut 20 Jahren das Sprachinselkomitee aus der Taufe gehoben wurde, war auch er von Anfang an dabei und hat sich stets für das Zimbrische eingesetzt.
Durch den Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates der Europäischen Union vom 8. Juni 2000 wurde das Europäische Jahr der Sprachen 2001 vorgesehen. Da waren vor allem die Weniger verbreiteten Sprachen gefragt. So war es naheliegend, dass auch das CONFEMILI die Gelegenheit ergriff, bei diesem Ereignis mitzumachen. Ich war bei der Erstplanung in Rom mit dabei – eine Erwähnung dieser Präsenz sei erlaubt, da im Jahr der Sprachen die Geburtsstunde des Sprachinselkomitees schlug.
Ein slowenischer Kollege meinte, in Südtirol werde es wohl leicht sein, diesbezüglich etwas zu planen und zu verwirklichen, da die deutsche Minderheit (Deutsch ist in Italien eine zu schützende Minderheitensprache) großes Potential habe, etwas Großes zu tun.
Es war auf meiner Heimfahrt von Rom nach Südtirol, als ich mir überlegte, die deutschen Sprachinseln in ein solches Projekt mit einzubeziehen. So suchte ich in Südtirol ideelle und finanzielle Unterstützer für mein Projekt und fand diese im Südtiroler Kulturinstitut und im Südtiroler Volksgruppeninstitut.
Am 12. und 13. Mai 2001 trafen sich in Neumarkt im Südtiroler Unterland bekannte und auch noch unbekannte Sprachinselfreunde zu einem ersten Meinungsaustausch. Sergio Bonato war natürlich auch dabei. Die zweitägige Veranstaltung endete im gegenseitigen Versprechen, sich wieder zu treffen. Ein Jahr später wurde bei den Zimbern in Lusern das Einheitskomitee der historischen deutschen Sprachinseln in Italien formalrechtlich gegründet.
Was das Komitee in den 20 Jahren seit der Gründung geleistet hat, kann in unserer jüngsten Publikation Die deutschen Sprachinseln im Aufblühen nachgelesen werden. Hier ist unsere Heike Arnold zu erwähnen: sie hat den Buchtitel gestaltet und ist seit 12 Jahren eine unbezahlbare Stütze, wenn es um unsere Internetseite geht. Diese Seite ist ein Schmuckstück für uns kleine Sprachgemeinschaften – möge uns Heike noch viele Jahre erhalten bleiben.
Die Frage, wie wir die 20 Jahre unseres Bestehens gefeiert haben, ist rasch beantwortet: Wenn man bedenkt, dass sich die Mitglieder höchstens einmal im Jahr zur Jahreshauptversammlung treffen, diese aber von Osten bis Westen fast 700 km entfernt beheimatet sind, dann nimmt das Feiern eine andere Dimension an. Gefeiert haben wir mit der Veröffentlichung des Buches.
Zum Schluss verweise ich noch auf den Antrag des Komitees an die römischen Institutionen, dass die Sprachencharta gebührende Beachtung finden möge. Die deutsche Übersetzung dieses Antrags habe ich den Freunden des Cimbern-Kuratoriums zur Verfügung gestellt.
Kontakt: luisthomas.prader@rolmail.net